Donaukurier | Bitte schneiden, waschen und lesen!

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Danny Beuerbach verwandelt am Wochenende den Münchner Gasteig in einen Lese- und Frisiersalon

LESE- UND FRISIERSALONerstellt am 18.11.2019 um 19:00 Uhr aktualisiert am 02.12.2020 um 12:35 Uhr München (DK)

Vielleicht sollte man mal versuchen, beim Metzger ein Lied zu singen, um dafür eine Leberkäs-Semmel zu erhalten? Er würde sich wohl wundern. Außer, er hat zufällig schon von Danny Beuerbach gehört. Der Münchner Friseur-Artist hat schon auf Hochhausdächern und im Fesselluftballon Haare geschnitten. Seine überraschendste Idee ist aber, nicht gegen Cash, sondern gegen Leistung zu arbeiten: Der quirlige Schnellsprecher lässt sich von seinen Kunden während der Arbeit vorlesen und stundet ihnen dafür die Rechnung um 50 Prozent.

Tausche Haarschnitt gegen Vorlesen: Danny Beuerbach kümmert sich um Frisuren und Leseförderung.
Tausche Haarschnitt gegen Vorlesen: Danny Beuerbach kümmert sich um Frisuren und Leseförderung.privat

Überwiegend arbeitet er nach diesem Konzept mit Kindern, was ihn zu einem Exoten in der Leseförderung macht. Und diese ist unvermindert wichtig! Eine aktuelle Studie von „Stiftung Lesen“ belegt die Schlüsselfunktion dieser Kulturtechnik auch heute, wo alles auf Handys und Tablets wischt und mit einem Mausklick Filmchen startet. Nicht nur lesefaule Grundschüler schicken sich statt Texte lieber minutenlange Sprachnachrichten. Auch viele Eltern sind weg vom Buch. Laut der Studie lesen 32 Prozent aller Eltern von Zwei- bis Achtjährigen in Deutschland selten oder nie vor, ein Wert, der seit 2013 gleich bleibt. Und leider stimmt das Klischee: Je niedriger der Bildungsstand der Eltern, desto weniger wird vorgelesen.

Dabei bindet das Vorlesen gerade bei jüngeren Kindern auch das Zeigen, Erklären, Zählen oder andere Elemente der Spracherziehung ein, die der Entwicklung wichtige Impulse geben. Rund 78 Prozent aller Kinder, welche mehrmals in der Woche Vorleseeinheiten genießen dürfen, fällt es in der Schule leicht, selbst lesen zu lernen. Doch schon das Wort „Leseförderung“ klingt nach Langeweile und Mühsal. Danny Beuerbach geht mit seinen Vorlese-Frisuren dagegen einen neuen und unkonventionellen Weg.

Er weckt die Lust am Lesen, während es doch scheinbar um etwas ganz anderes, nämlich die neue Frisur geht. Er veranstaltet seine speziellen Frisur-Sessions freischaffend. In verschiedenen Salons, Bibliotheken und Jugendgruppen tritt er mit seinem Handwerkszeug an, kommuniziert Termine über Facebook, Twitter und Instagram.

Derzeit sucht er einen Partner für die Erstellung einer Homepage. Unter dem Slogan „Lesen macht schön, Vorlesen macht schöner“ tritt er kommendes Wochenende auch auf der Münchner Bücherschau an. Er steht mit Bürste und Schere bereit, während seine jungen Kunden mit Kinderbüchern gewappnet sind.

Herr Beuerbach, wie sind Sie zum handwerklichen Teil Ihres Berufs gekommen?
Danny Beuerbach: Ich würde sagen, ich bin mehr oder weniger hinein gestolpert. Damals wusste ich noch nicht, was mich erwartet – bis ich über die Jahre das Handwerk und die wirkliche Kunst dahinter entdeckt habe. Heute bedeutet es für mich viel mehr als nur Mode. Ich liebe den Umgang mit Menschen und würde sogar behaupten, ich bin verliebt in das Material „Haar“.

Hatten Sie als Kind jemanden, der Ihnen vorgelesen hat?
Beuerbach: Bei uns zuhause wurde eher wenig gelesen. Dafür erinnere ich mich daran, dass wir viel zusammen getanzt und gesungen, gelacht und Theaterstücke aufgeführt haben – die meisten Stücke haben wir uns selbst ausgedacht. Wir waren richtige Stand up comedians. Das war unser großes Miteinander.

Was wird Ihnen denn heute meistens vorgelesen?
Beuerbach: Meistens Erstlesergeschichten, sowas wie der Leserabe, also kurze Bücher, die man in einem Haarschnitt fertig lesen kann.


Nicht jede und jeder kann spannend vorlesen, ist das nicht manchmal auch quälend?
Beuerbach: Überhaupt nicht. Bei mir gibt es keine guten oder schlechten Leser. Über die Zeit habe ich gelernt, mich auf mehrere Dinge gleichzeitig zu konzentrieren. So gebe ich dem Kind das Gefühl, wir zwei vergessen alles um uns herum. Und ganz ehrlich, wenn ich dann doch mal was verpasse, dann frag ich nach. Was ja auch schön für das Kind ist. So kann es mir die Passage noch einmal in freien Worten erzählen.

Haben Sie selbst schon mal etwas auf Gegenleistung verhandelt, wenn ja, was?
Beuerbach: Ich bin schon immer ein großer Freund der Tauschkultur. Am liebsten würde ich alles tauschen. Früher waren es Murmeln gegen Sticker. Heute gibt’s fürs Vorlesen einen Haarschnitt: Du liest mir vor, ich mach dich schön. Und eben genau das ist der Kern des Leseförderungs-Projekts „BOOK A LOOK“.

Das Gespräch führte

Sabine Busch-Frank.


Bücherschau

Die Auftritte „Lesen macht schön, Vorlesen macht schöner“ für Kinder finden am Samstag und Sonntag, 23. und 24. November, jeweils um 11 Uhr und 15.30 Uhr im Münchner Gasteig (Foyer 1. OG.) statt. Eintritt frei! Die Münchner Bücherschau und das Literaturfest laufen noch bis zum 1. Dezember und bieten jeweils eine Vielzahl von Veranstaltungen, Lesungen und Workshops für Erwachsene und Kinder an unterschiedlichen Orten. Mehr unter www.muenchner-buecherschau.de und www.literaturfest-muenchen.de

Quelle: https://www.donaukurier.de/nachrichten/kultur/Bitte-schneiden-waschen-und-lesen;art598,4392211

MAGAZIN BARRIO | Vorlesetag 2020

MAGAZIN BARRIO | Vorlesetag 2020

Gepostet von Kirsten von BARRIO | 16. November 2020 | Eltern |     

Vorlesetag 2020: Bei Klett Kinderbuch kommt der Vorlesefriseur

In 2020 ist nichts, wie wir es kennen, auch nicht der alljährliche Vorlesetag. Unter dem Motto „Nicht digital, sondern so echt wie ein Haarschnitt!“ ist der Vorlesetag beim Klett Kinderbuch Verlag mit Vorlesefriseur.

Am Vorlesetag, dem 20. November laden der mobile Vorlesefriseur Danny Beuerbach und der Klett Kinderbuch Verlag Kinder zum kostenlosen Haareschneiden in die Räumlichkeiten des Verlags ein. Als Gegenleistung erhofft sich der Vorlesefriseur, Danny Beuerbach, dass das Kind ihm während des Haarschnitts aus einem Kinderbuch vorliest. Wenn das kein mega Spaß wird.

Wichtig ist die Termine erfolgen einzeln, unter Einhaltung aller erforderlichen Hygieneauflagen und nur nach vorheriger Anmeldung bei info@klett-kinderbuch.de.

Wer: Vorlesefriseur Danny Beuerbach

Wann: 20.11.2020, 14-18 Uhr

Wo: im Klett Kinderhaarbuch Verlag, Richard-Lehmannstr. 14, 04275 Leipzig

Danny Beuerbach, auch bekannt als der Vorlesefriseur, kam vor 3 Jahren auf die fantastische Idee, sich beim Frisieren von seinen Kunden aus Büchern vorlesen zu lassen. Schon war das Leseförderungsprojekt »Book a Look« entstanden, mit dem er auch tourt. Besonders in Gegenden mit bildungsfernen Milieus ist es ihm wichtig Kinder so zum Vorlesen zu animieren.

Weitere Information zum Vorlesefriseur gibt es hier

Der Bundesweite Vorlesetag ist eine Initiative von Stiftung Lesen, ZEIT sowie Deutsche Bahn Stiftung.

Foto: Klett Kinderbuch Verlag

Quelle: https://magazin.barrio-app.com/vorlesetag-2020-bei-klett-kinderbuch-kommt-der-vorlesefriseur/ 

Lichtensteiner Vaterland | Schicke Frisuren und magische Momente

Lichtensteiner Vaterland | Schicke Frisuren und magische Momente

«Vorlesefriseur»

Schicke Frisuren und magische Momente

Waschen, schneiden, lesen: «Vorlesefriseur» Danny Beuerbach war am vergangenen Samstag zum ersten Mal in Liechtenstein zu Gast.21. September 2020, 19:45 Uhr  23. September 2020, 02:03 Uhr

Bianca Cortese

Bianca CorteseErste Kundin auf Danny Beuerbachs Friseurstuhl war Vorsteherin Maria Kaiser-Eberle.

Danny Beuerbach ist in Deutschland schon lange kein Unbekannter mehr. Aber auch in Österreich und der Schweiz hat sich der Münchner «Vorlesefriseur» durch Auftritte an Veranstaltungen, auf Büchermessen, in Schulen und Buchhandlungen längst einen Namen gemacht. Deshalb freuten sich die beiden Bibliothekarinnen Margit Hassler und Mirjam Scheerer am vergangenen Samstag, dass Danny Beuerbach zum ersten Mal auch einen Abstecher nach Liechtenstein machte, um in der Aula der Gemeindeschule Ruggell sein Projekt «Book a look and read a book» vorzustellen.  

Wer vorliest, bekommt den neuen «Look» gratis

Nachdem Danny Beuerbach in der Aula einen grossen, bunten Teppich ausgerollt und sein Equipment bereitgelegt hatte, stellte er sich vor und präsentierte zunächst einen kurzen Film, worin seine Tätigkeit als «Vorlesefriseur» vorgestellt wurde. «Schneiden gegen Vorlesen» heisst sein Projekt, wodurch er Kinder ermutigen und fördern will. Die Idee hinter «Book a look and read a book» sei kurzum eine ganz einfache: Während er Kunden einen neuen Haarschnitt verpasst, müssen sie ihm im Gegenzug etwas vorlesen. Tun sie das, erhalten sie ihren neuen «Look» gratis. Vorsteherin Maria Kaiser-Eberle liess sich nach ihrer Begrüssungsansprache am vergangenen Samstag nicht zweimal bitten. Sie durfte auf Beuerbachs Friseurstuhl als Erste Platz nehmen. Während er die Schere zur Hand nahm, schlug sie das Buch «Liechtenstein. Klein, aber oho» auf und begann zu lesen. Durch das Werk von Armin Öhri wollte sie dem Münchner Hairstylisten einen kleinen Einblick in die Besonderheiten Liechtensteins geben. Während er ihr einen neuen Haarschnitt verpasste, lauschten alle Anwesenden gespannt ihren Worten – natürlich  auch Beuerbach. 

Früher fand er wenig bis gar keine Zeit fürs Lesen. Heute kann er als «Vorlesefriseur» nicht nur seiner Kreativität freien Lauf lassen, sondern durch seine Kundschaft auch in verschiedene Geschichten und Märchen eintauchen, Neues lernen, Spannendes erfahren und dabei noch jede Menge Spass haben. Nach der Vorsteherin waren dann die Kinder an der Reihe – rund 14 waren es an der Zahl, die entweder ein eigenes Buch mitgebracht oder sich eines aus Beuerbachs Sammlung ausgesucht hatten. Manche hatten sich extra für diese Veranstaltung ihre Haare wachsen lassen, da sie vom «Vorlesefriseur» unbedingt auch eine neue, coole Frisur gratis bekommen wollten.

Geriet ein Kind ins Stocken, half er nach, aber ohne«pädagogischen Zeigefinger». «Ich verbessere die Kinder niemals. Wenn ich merke, dass sie Mühe haben, schaffe ich es meist durch nonverbale Kommunikation, die Situation aufzulösen», so Beuerbach. 

«Obwohl er alle Hände voll zu tun hatte, während fünf Stunden Haare schnitt und allerhand Geschichten hörte, liess er es sich nehmen, sich für jedes Kind Zeit zu nehmen und jeweils auf das Vorgelesene kurz einzugehen», freuten sich die Bibliothekarinnen. Besonders beeindruckend fanden Margit Hassler und Mirjam Scheerer ausserdem, dass die Kinder nicht nur durch den Friseur, sondern auch durch die anderen, die warteten und zuschauten, ermutigt wurden, sich im Vorlesen zu üben. «Book a look and read my book» sei also auch ein einfaches und wirksames Leseförderungsprogramm. «Für alle Beteiligten war es schön, Teil dieses fantastischen Projektes zu sein, das Danny Beuerbach ins Leben gerufen hat», so die Organisatorinnen am Ende der Veranstaltung. 

Quelle: Schicke Frisuren und magische Momente – Vaterland online

Enorm Magazin | „Lies doch selbst, du Lauch!“

Enorm Magazin | „Lies doch selbst, du Lauch!“

Danny Beuerbach absolvierte nach der Schule eine Ausbildung zum Friseur und arbeitete danach zehn Jahre lang für renommierte Salons, Magazine und Fashion Shows im In- und Ausland. Heute lebt er als freiberuflicher Hairstylist in München und tourt als Vorlesefriseur regelmäßig durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Sein Kinderbuch „Der magische Friseur“ ist vergangenes Jahr im Ravensburger Verlag erschienen.
Bild: fotoarbyter@zürich

TEXT
Heike Littger

Danny Beuerbach will Kinder für Bücher begeistern. Klappt nicht immer auf Anhieb, doch wer sich traut und dem Münchner Friseur vorliest, bekommt Rabatt.

Herr Beuerbach, Kinder zahlen für einen Haarschnitt nur die Hälfte bis gar nichts, wenn sie Ihnen vorlesen, wie kam es dazu?

Zufall. Es hat sich so ergeben. Ich wollte wieder mehr lesen, bin aber nicht dazu gekommen. Irgendwann habe ich mir die Frage gestellt: Wenn du dich abends nicht mehr aufraffen kannst, warum lässt du dir dann nicht während deiner Arbeitszeit vorlesen? Also habe ich ein Buch eingepackt und es meinen Lieblingskunden in die Hand gedrückt. Das war toll, wie ein Hörspiel. Das zweite Buch war ein Kinderbuch – und als das erste Kind anfing vorzulesen, merkte ich, dass es da um viel mehr geht. Mit einem Buch in der Hand fahren Kinder runter – und am Ende sind sie stolz auf sich und ihre Leistung. Da habe ich angefangen, Rabatt auf Kinderhaarschnitte zu geben: Wer vorliest, bekommt 50 Prozent.

Sie sind dann aber noch zwei Schritte weitergegangen …

Zuerst habe ich angefangen, mit Buchläden und Bibliotheken zusammen Aktionen zu organisieren. Das war nicht ganz einfach. Am Anfang habe ich nur Absagen kassiert, heute kommen die Anfragen von selbst, auch Veranstalter von Messen und Events rufen mich an – vor Corona war ich dreimal pro Woche unterwegs, in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Honorare ermöglichen es mir, darüber hinaus mit Organisationen zusammenzuarbeiten, die kein Geld haben für Extra-Aktionen, geschweige denn Zugfahrkarte oder Zimmer. Flüchtlingsheime zum Beispiel oder Vereine, die sich um Kinder aus einkommensschwachen Familien kümmern.

Warum ist Ihnen diese Zusammenarbeit wichtig?

In Buchläden und Bibliotheken, auf Messen und Events kommen in der Regel nur Kinder, die gut lesen können, weil sie sich für Bücher interessieren und von ihren Eltern gefördert werden. Im Grunde mag ich das Wort fördern nicht. Es geht in die Richtung: Das Optimum aus einem Menschen herausholen, passend machen – für eine Gesellschaft, die an ihre Mitglieder ganz bestimmte Anforderungen stellt. Aber gut, Lesekompetenz ist hierzulande sehr wichtig. Wer nicht lesen kann, wird schnell zum Außenseiter, als minder intelligent abgestempelt, gehänselt. Bei mir war das zumindest so. In der ersten und zweiten Klasse haben weder meine Lehrer noch ich gemerkt, dass ich gar nicht richtig lesen kann, ich habe mir die Wörter visuell eingeprägt. Als es dann in der dritten Klasse auffiel, stellte sich die Frage, ob ich zurückgestuft werden muss. Das war für mich schlimm: Man ist aufgeweckt, witzig, hat Ideen und Phantasie – und plötzlich wird man wegen einer vermeintlichen Schwäche abgewertet.

Haben Ihre Eltern nicht gemerkt, dass Sie Schwierigkeiten beim Lesen haben?

Ich bin zusammen mit meiner Mutter, meiner Tante und drei Schwestern in einer Zweizimmerwohnung aufgewachsen. Bücher spielten keine Rolle. Meine Mutter konnte selbst nicht gut lesen, meine Tante war geistig nicht so fit. Doch der Hauptgrund war vermutlich, dass ich gar nicht das Bedürfnis hatte, zu lesen. Immer war jemand da, mit dem ich reden und spielen konnte. Das war spannender – und auch sehr prägend: Zu sechst auf wenigen Quadratmetern, ohne Möglichkeit sich zurückzuziehen, da läuft alles über Kommunikation: Du teilst dich mit, hörst zu, findest schnell Kompromisse, steckst zurück, verzeihst. Nur meine ältere Schwester war eine echte Leseratte, sie hat Bücher verschlungen.

Wie schaffen Sie es, Kinder und Jugendliche zum Lesen zu bekommen?

Diese Frage stellen mir auch Eltern gern: Wie kann ich mein Kind fürs Lesen begeistern? Meine Antwort: Sich vor allem Zeit nehmen für das Kind, bei ihm sein und bei ihm bleiben, nicht sofort verbessern und bewerten. Ich denke, das ist der Grund, warum Kinder mir vorlesen: Beim Haareschneiden bin ich ganz nah bei ihnen, laufe nicht weg und lasse ihnen die Zeit, die sie benötigen. Der Schnitt dauert so lange wie das Vorlesen, manchmal ein bisschen länger. Und danach gibt es immer Applaus.

Klar gibt es Kinder, die nicht zur Ruhe kommen oder auf dem Stuhl noch unruhiger werden. Dann lässt man sie eben zappeln oder gibt ihnen zum Buch noch etwas anderes in die Hand, mit dem sie spielen können: einen Ball, einen Kamm. Letztlich ist es ja auch eine Gabe! Warum als Kind mühsam lernen, sich auf eine Sache zu konzentrieren, am besten alleine auf seinem stillen Zimmer, wenn später Multitasking im Open-Space-Büro gefragt ist?

Etliche Untersuchungen zeigen, dass Jungs in Punkto Lesen schlechter abschneiden als Mädchen, Wissenschaftler sprechen von einer „Leselücke“, was ist Ihre Beobachtung?

Was auffällt: Mädchen sind viel mutiger. Es ist ihnen nicht peinlich, vor anderen laut zu lesen. Jungs halten sich stärker zurück – dabei lesen sie, wenn sie denn mal lesen, nicht schlechter. Ich denke, wir alle haben noch zu viele Schubladen im Kopf: Jungs haben es mit Zahlen, Mädchen mit Büchern. Diese Stereotype haben Einfluss: Was wird von mir erwartet, was traut man mir zu – und was traue ich mir selber zu? Ist es als Junge überhaupt cool, ein Buch in der Hand zu haben und vorzulesen – oder ist das nicht Mädchenkram? Außerdem gibt es für meinen Geschmack keine richtig guten Bücher für Jungs, die Geschichten sind alle sehr brav, mit pädagogischem Wink und vom Thema her erwartbar: immer wieder Fußball, Bagger, Pirat, Feuerwehrmann. Also auch hier Schublade. Ich wünschte mir mehr Mut, Offenheit, Interesse: Was bewegt Kinder wirklich, was sind ihre Themen und welche Geschichten wollen sie hören?

Wie nachhaltig sind Ihre Aktionen? Erfahren Sie manchmal von Kindern, ob sie drangeblieben sind am Lesen?

Leider nicht. Aber es ist ganz besonders schön, wenn es mir gelingt, Kinder, die so gar keine Lust haben, für diesen einen Moment zum Lesen zu bringen – und sie dabei merken: Ist gar nicht so schwierig. Ich bin besser als gedacht. Aber nur Kinder zum Lesen zu bringen, wäre mir zu wenig. Es ist schon die Kombination: Cooler Haarschnitt, reisen, andere Städte kennenlernen, andere Viertel, mich mit den Kids verbal zu batteln – oft höre ich Sätze wie „Lies doch selbst, du Lauch“ – und sie dann doch für die Aktion zu gewinnen.

Wie sieht es bei Ihnen mittlerweile aus, kommen Sie selbst wieder mehr zum Lesen?

Ja. Aber ich lese nicht mehr zwischendurch, sondern nehme mir bewusst Zeit dafür. Und ich lese nur noch Bücher, die mich wirklich interessieren. Weil mich die Sprache fesselt oder das Thema. Eines meiner letzten Bücher war das Jugendbuch: „Als mein Bruder ein Wal wurde“. Ich bin nicht mehr davon losgekommen, habe sogar bei Freunden während des gemeinsamen Essens gelesen. Letztlich geht es darin um die Frage: Wer darf über das Leben eines schwer kranken Menschen bestimmen? Ich musste diese Entscheidung vor 13 Jahren für meine Mutter treffen, sie hatte Krebs und ein Arzt stellte mich vor die Wahl: Operation, länger leben im Wachzustand aber starke Schmerzen oder keine Operation, weniger lang leben im Dämmerschlaf aber keine Schmerzen. Mit dem Buch ist das Ganze wieder hochgekommen – und ich habe gemerkt, welche Macht Bücher haben können. Ich habe danach der Autorin geschrieben und mich bedankt, nach all den Jahren ist ein Knoten geplatzt und ich konnte die Geschichte für mich abschließen.

Sie werden bald Papa, wollen Sie Ihrem Kind später mal vorlesen?

Klar. Ich freu mich drauf. Aber dann stell ich mir auch wieder die Frage, ob das alles richtig ist. Warum liest man Kindern vor? Damit sie sich beruhigen, in ihrem eigenen Bett und ihrem eigenen Zimmer schlafen? Ist der Mensch überhaupt dafür gemacht, ein eigenes Zimmer zu haben? Lesen ist ein sehr komplexes Ding, ich mache mir viele Gedanken: Warum hat es überhaupt diesen hohen Stellenwert? Wie beeinflusst es unsere Sprache, unsere Kommunikation und unseren Umgang miteinander? Kinder, die geübt im Lesen sind, finden die richtigen Worte, treffen den richtigen Ton und ecken dadurch weniger an. Das ist einerseits natürlich toll und für uns Erwachsene angenehm, weil leichter zu handeln und höflich. Andererseits erlebe ich Kinder, die nicht so geübt sind im Lesen, oft unmittelbarer. Ihre Sprache ist weniger geschliffen, dafür individueller und frei heraus. Ich werde es schon sehen: Vielleicht lese ich ja meiner Tochter in ihrem eigenen Zimmer vor, aber hänge zuvor die Tür aus.

Quelle: https://enorm-magazin.de/gesellschaft/bildung-lehre/lesekompetenz-von-kindern-kinder-lesen-beim-friseur-vor

Süddeutsche Zeitung |  „Der magische Frisör“. In Wildwuchszeiten wie diesen bringt er Eltern „Homecutting“ bei – per Live-Videochat.

Süddeutsche Zeitung | „Der magische Frisör“. In Wildwuchszeiten wie diesen bringt er Eltern „Homecutting“ bei – per Live-Videochat.

Der magische Frisör: Waschen, schneiden, lesen

Danny Beuerbach ist „Der magische Frisör“. In Wildwuchszeiten wie diesen bringt er Eltern „Homecutting“ bei – per Live-Videochat.

Von Barbara Hordych

Durch seine Auftritte bei der Bücherschau, in Schulen, Buchhandlungen und Bibliotheken ist der Münchner „Vorlesefriseur“ Danny Beuerbach bereits deutschlandweit bekannt. Und berühmt für seine Aktion, in der er sich beim Haareschneiden von seinen Kunden vorlesen lässt – im Gegenzug erlässt er ihnen die Kosten für die neue Frisur zur Hälfte oder auch ganz. Eine Technik, die besonders für das Haareschneiden bei Kindern geeignet ist. „Meiner Erfahrung nach werden sogar die zappeligsten und ungeduldigsten Kinder mit einem Mal ganz ruhig und konzentriert, wenn sie beim Haareschneiden gleichzeitig aus einem Buch vorlesen“, sagt Beuerbach. Das diene einmal der „Leseförderung“ des betreffenden Kindes, erleichtere aber auch ihm seine Tätigkeit, „weil mich dann niemand mehr fragt: Wie lange dauert es noch, wann bist du fertig?“.

Im Ravensburger Verlag wurde der Hairstylist nun zum Held seines eigenen Buchs, in der Erstlesereihe erschien vor Kurzem der Titel: „Der magische Frisör“. Darin katapultieren sich die Geschwister Lila und Erik beim Vorlesen in Dannys Salon in die fantastische Welt der Ritter, Drachen und Einhörner. Was sie alle eint, vom ständig über seinen eigenen Bart stolpernden Ritter Zausel über das Einhorn mit zu Berge stehender Mähne bis hin zum Langhaar-Drachen: Sie benötigen dringend einen neuen Haarschnitt, für den auf der Stelle der magische Danny mit Fön und goldener Schere sorgt.

Die Bilder im Buch stammen von dem Illustrator Patrick Wirbeleit. Der hat nicht nur tolle Fabelwesen gezeichnet, sondern auch einen Titelhelden, der im Buch so aussieht wie in echt. Für die Corona-bedingten Wildwuchszeiten hat sich Beuerbach eine besondere Aktion ausgedacht: das „Homecutting“. Passend zu seinem Projekt „book a look and read my book“ gibt er Eltern in einem Live-Videochat in fünf Schritten wichtige Tipps für einen gelungenen Haarschnitt, „garantiert ohne Malheur und Tränenmeer“.

Termine können unter der Telefonnummer 0151/29624465 vereinbart werden. Wer ihn als Vorlesefriseur kennt, weiß: Die Bezahlung erfolgt durchs Vorlesen.© SZ vom 23.04.2020

Quelle: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/coronakrise-vorlesefriseur-tipps-homecutting-1.4879104

Börsenblatt | Der Vorlesefriseur

Börsenblatt | Der Vorlesefriseur

28. Februar 2020 von Börsenblatt

Danny Beuerbach schneidet Haare. Wer ihm vorliest, erhält den Haarschnitt kostenlos. »Book a Look« ist kein Marketing-Gag, sondern Leseförderung

© familia Verlag

Danny Beuerbach rollt den Teppich aus, rückt den Hocker zurecht und klappert mit der Schere: Die Bühne ist bereitet. »Und dann passiert Magie«, stellt er selbst immer wieder staunend fest. Meist dauert es nicht lange, bis das erste Kind sich traut, Platz zu nehmen – mit einem Buch in der Hand. Den Haarschnitt gibt es nicht umsonst, sondern nur für eine ganz bestimmte Gegenleistung: Vorlesen. Während er mit Kamm und Schere hantiert, steigt das Kind in die Geschichte ein. »Ich finde es schön, wenn jemand gut vorlesen kann, aber korrigieren würde ich nie«, erklärt Beuerbach. Ihm geht es vor allem darum, das Selbstwertgefühl der Kinder zu stärken. Ihnen vielleicht sogar über den Vorleseerfolg aus einer Rolle herauszuhelfen, in die er selbst als Kind gedrängt wurde: »Ich bin lange als dumm abgestempelt worden, weil ich erst spät Lesen gelernt habe. Schöne Aufsätze konnte ich schreiben, die allerdings wegen der vielen Rechtschreibfehler nicht gewürdigt wurden«, erinnert er sich.Vom Friseur zum Autor

Jetzt aber wird eine Geschichte von und über Danny Beuerbach veröffentlicht: Am 1. Januar ist sein Buch »Der magische Frisör« in der Ravensburger Erstlesereihe Leserabe erschienen, das sein Projekt »Book a Look« unterstützt. Für den Hairstylisten mit der unverwechselbaren Lockenpracht, die er seinen teils afro-puertoricanischen Wurzeln verdankt und die von Illustrator Patrick Wirbeleit wunderbar in Szene gesetzt wurde, war das bis vor Kurzem noch unvorstellbar.

»Book a Look« ist aus einer fixen Idee heraus entstanden. »Ich hatte mir vorgenommen, 2018 wieder mehr zu lesen«, berichtet Beuerbach, »aber zu Hause kam ich einfach nicht dazu.« Kurzerhand brachte er sein eingestaubtes Exemplar von »Der Alchimist« in den Münchner Frisörsalon mit, in dem er als Freelancer arbeitet, und bat seine Kunden, ihm während des Haareschneidens vorzulesen. Was als Spaß begann, wurde ein Riesenerfolg – erst recht, nachdem er auch seinen jungen Kundinnen und Kunden Lesestoff anbot. Einen enormen Auftrieb erhielt seine Idee durch seinen ersten offiziellen Auftritt als Vorlesefriseur bei Thalia in Hanau im April 2018. »Es sind Verlage aufmerksam geworden, die Türöffner für die Teilnahme an Buchmessen waren«, berichtet Beuerbach, der damit in eine für ihn völlig neue Welt eintauchte, unter anderem 2019 Juror beim bundesweiten Vorlesewettbewerb war. Wichtig ist ihm seine Unabhängigkeit. ­Leseexemplare für sein Non-Profit-Projekt sind ihm immer willkommen, als Werbeträger für Verlage will er sich aber nicht missverstanden wissen. »Ich habe viele Anfragen für Lesefestivals, Buchhandlungen und Messen. Aber ich will die Waage halten und vor allem Kinder in Vierteln, in Jugendzentren und Geflüchtetenheimen erreichen, in denen wenig Kohle ist und wo nicht gelesen wird. Sie locke ich mit einem Gratis-Haarschnitt an. Große Sachen mache ich, um das zu finanzieren«, stellt er klar. Um noch mehr Jungen und Mädchen zu solch einem Erfolgserlebnis zu verhelfen, wünscht er sich konkrete Unterstützung: »Ich brauche eine funktionierende Homepage«, sagt er, »und außerdem eine einfache App, die Vorlesefriseure in der Nähe anzeigt.« Denn sein weiteres Ziel ist es, möglichst viele Kolleginnen und Kollegen zum Mitmachen zu motivieren. »Dass es beim Friseur ganz regulär die Option gibt: Prozente gegen Vorlesen – das muss doch zu schaffen sein«, meint Beuerbach und setzt sich 1 000 Mitstreiter in einem Jahr zum Ziel.

Über »Book a Look«

Danny Beuerbach ist in Gelnhausen in Hessen aufgewachsen. Die Ausbildung zum Friseur brachte ihn mit 20 Jahren nach Frankfurt. Für das internationale Friseurunternehmen Tony & Guy war er anschließend weltweit tätig, auch als Ausbilder. Stationen waren unter anderem London, Schanghai, Hongkong und Guatemala. Seit 2013 lebt Beuerbach in München. 2017 hatte er die Idee, sich beim Frisieren von seinen Kunden aus Büchern vorlesen zu lassen. Daraus ist das Leseförderungsprojekt »Book a Look« entstanden. Besonders in Gegenden mit bildungsfernen Milieus animiert er Kinder zum Vorlesen: Wer ihm – und dem spontan zusammengekommenen Publikum – vorliest, erhält von ihm währenddessen einen Gratishaarschnitt.

Quelle: https://www.boersenblatt.net/archiv/1818310.html